
(Ham IV.2) In dieser sehr kurzen Szene versuchen die beiden IM Wittenberg 1 und 2 den Leichnam des Polonius ausfindig zu machen. Sie, die Schwämme, scheitern selbst an solch einem simplen Auftrag. Hamlet wird persönlich und redet (wie einst Jesus) in gleichnishaften, alchymistischen Rätseln:
ROSENKRANZ. Sagt uns den Ort, daß wir ihn weg von da in die Kapelle tragen.Hamlets kleine Narretei bildet (wie Jesus’ Salzfass) die Ausgangsbasis für ein gigantisches postmodernes Geschwurbel über die Herrschaften des Körpers und die Körperschaften der Herren.
HAMLET. Glaubt es nicht.
ROSENKRANZ. Was nicht glauben?
HAMLET. Daß ich euer Geheimnis bewahren kann und meines nicht. Überdies, sich von einem Schwamme fragen zu lassen? Was für eine Antwort soll der Sohn eines Königs darauf geben?
ROSENKRANZ. Nehmt Ihr mich für einen Schwamm, gnädiger Herr?
HAMLET. Ja, Herr, der des Königs Miene, seine Gunstbezeugungen und Befehle einsaugt. Aber solche Beamte tun dem Könige den besten Dienst am Ende. Er hält sie wie ein Affe den Bissen im Winkel seines Kinnbackens; zuerst in den Mund gesteckt, um zuletzt verschlungen zu werden. Wenn er braucht, was Ihr aufgesammelt habt, so darf er Euch drücken, so seid Ihr, Schwamm, wieder trocken.
ROSENKRANZ. Ich verstehe Euch nicht, gnädiger Herr.
HAMLET. Es ist mir lieb: eine lose Rede schläft in dummen Ohren.
ROSENKRANZ. Gnädiger Herr, Ihr müßt uns sagen, wo die Leiche ist, und mit uns zum Könige gehn.
HAMLET. Die Leiche ist beim König, aber der König ist nicht bei der Leiche. Der König ist ein Ding —
GÜLDENSTERN. Ein Ding, gnädiger Herr?
HAMLET. Das nichts ist: bringt mich zu ihm. Versteck’ dich, Fuchs, und alle hinterdrein!
Das Paradoxon von den Ersten und den Letzten findet sich schon in der Bibel, bsp. im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, Matthäus 20,16 So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.
Und wir singen den Psalm 144, Vers 3 und 4
HERR, was ist der Mensch,
dass du dich seiner annimmst,
und des Menschen Kind,
dass du ihn so beachtest?
Ist doch der Mensch gleich wie nichts;
seine Zeit fährt dahin wie ein Schatten.