Montag, 9. Juli 2007

Sprenkel für die Drosseln



Endlich habe ich einen Modus operandi für diesen Blog gefunden. Mit der RAN#-Taste wühlt sich der alte Maulwurf durch den Hamlet-Text und landet im ersten Akt, dritte Szene: Polonius, der selbsternannte Experte für die Leidenschaft, verteilt seine guten Ratschläge an seinen Sohn Laertes, der sich zum Studium nach Paris begibt, und verhört anschließend seine Tochter Ophelia.

POLONIUS. Ja, Sprenkel für die Drosseln! Weiß ich doch,
Wenn das Blut kocht, wie das Gemüt der Zunge
Freimütig Schwüre leiht. Dies Lodern, Tochter,
Mehr leuchtend als erwärmend, und erloschen
Selbst im Versprechen, während es geschieht,
Nehmt keineswegs für Feuer. …


Shakespeares „springes to catch woodcocks“ übersetzte Schlegel mit„Sprenkel für die Drosseln“. Das kann man leicht als „Eulen nach Athen tragen“ missdeuten, weil eine Drosselbrust (s.o.) sehr stark gesprenkelt (im Sinne von macula, Fleck) ist. Die zweite Wortbedeutung von Sprenkel, decipula avium, Vogelstrick, ist zunehmend in Vergessenheit geraten.

Noch Meyers Konversationslexikon von 1885 beschreibt im Artikel über den Vogelfang den Sprenkel wie folgt: „Der Sprenkel oder die Sprangrute, die bekannteste und am meisten gebräuchliche Vorrichtung, besteht in einer elastischen Haselnuß- oder Weidenrute, welche am dickern Ende durchbohrt ist, um die am dünnern Ende angeknüpfte Schlinge aufzunehmen, und die vermittelst eines Sprung- oder Stellhölzchens befestigt wird.“

Schnappfallen fangen Schnepfen, so die wortwörtliche Übersetzung könnten in diesem Zusammenhang im Feld zwischen „Mit Speck fängt man Mäuse“ und „Nachtigall, ick hör dir trapsen“ angesiedelt sein.

Da die Waldschnepfe Scolopax rusticola heutzutage ein natürlich seltener Vogel ist, die Jagd auf sie wurde in den 1980er Jahren de facto eingestellt, ist sie aus dem Bewusstsein der Menschen so gut wie verschwunden, und so dient die „Schnepfe“ vorwiegend zur Beschimpfung von dummen Frauen. Deshalb zur Erinnerung ein Bild.



Wenn Polonius also von Sprenkeln für die Drosseln spricht, meint er damit, dass Hamlets Liebesschwüre ganz billige Tricks sind, auf die nur dumme und plumpe Frauen hereinfallen, zu denen er seine Tochter nicht zu zählen bereit ist.

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