
Ein kaum gespieltes Stück aus der Klasse der Problemkomödien wurde auf dem Shakespeare-Festival in Neuss aufgeführt: Ende gut, alles gut.
Heldin des Stückes ist die bürgerliche Arzttochter Helena, die sich in den blasierten Grafen Bertram verliebt hat. Bertram liebt sie nicht, wird aber zur Ehe mit Helena durch den König genötigt, denn diese hatte den todkranken Monarchen durch ein Wundermittel aus dem Nachlass ihres Papas geheilt. Den frischgebackene Bräutigam Bertram zieht es stattdessen in die Toskana, um sich dort mit seinem persönlichen Assistenten Parolles als Söldner die Zeit zu vertreiben. Dazu gehört auch die niedere Minne, der depperte Adlige (Habsburg lässt grüßen) macht der frommen Wirtshaustochter Diana den Hof. Währenddessen pilgert Helena ihren ganz persönlichen Jakobsweg, ihrer endet in Florenz. - Die falstaffianische Gestalt Parolles kommt in den Genuss einer frühneuzeitlichen Variante des „Waterboarding“, nur so zum Spaß, weil er seine Trommel verloren hat. Da er dabei seine Vorgesetzten verrät und einige unangenehme Wahrheiten über die Führungskräfte verrät, wird die Scheinhinrichtung abgebrochen und Parolles unehrenhaft aus dem Militärdienst entlassen. (Aber: einmal Öffentlicher Dienst, immer Öffentlicher Dienst. Wir ahnen, dass am Hofe der Gräfin von Roussillon eine C4-Professur als Narr freigeworden ist.) - Heldin Helena wendet den berühmten bed trick an, gewinnt derart Ring und Kind und somit - ein Graf, ein Wort - auch die Liebe ihres Gatten zurück. Ende gut, alles gut. All’s Well That Ends Well.
Es bleibt ein bitterer Schluss, man vermisst doch eine etwas glaubhaftere Läuterung des männlichen Protagonisten, das liegt aber an Herrn Shakespeare. - Tolle, amüsante, temporeiche Aufführung mit herrlich albernem Slapstick-Humor, super Schauspieler, Michael Meyer glänzt als Parolles, hat aber deutlich mehr Spaß in der Rolle der Pizzabäckerswitwe. Beate Weidenhammer muss nur aus den Augen gucken, schon ist sie komisch. - Wunderbares Festival, man spürt die positiven vibes. Und natürlich der Spielort! Den Globe architektonisch, in der Funktion als Theaterstätte, zu erleben, ist schon Grund genug, das alljährliche Neusser Shakespeare-Festival zu besuchen.
Ende gut, alles gut. Globe-Theater Neuss. Gastspiel der bremer shakespeare company. 24.-27. Juli 2008. Regie, Übersetzung, Bühne: Sebastian Kautz. Kostüme: Uschi Leinhäuser. Darsteller: Janina Zamani (Helena, Herzog von Florenz, Koch); Tim D. Lee (Bertram, Lavache, Mariana, Koch); Markus Seuß (König von Frankreich, Lafeu, Diana, Koch); Beate Weidenhammer (Gräfin von Roussillon, Bote, Jungfrau Maria, Koch); Michael Meyer (Parolles, Witwe, Koch)
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